Arbeitnehmerüberlassung

Das AÜG– Fallstricke beim Konzernverleih

Dr. Wolfgang Eickhoff
Dr. Wolfgang Eickhoff

Leiharbeit und Recht

Beratung wird gefordert bei der Überlegung, etwa konzerninterne Leiharbeit zu betreiben und/oder Leiharbeitnehmer dauerhaft einzusetzen. Was hat es mit dem Tarifwerk auf sich? Was sind "equal payment" und equal treatment"? Anwalt Dr. Eickhoff berät Verleiher, Entleiher und Leiharbeitnehmer, gerne auch am "grünen Tisch".

Es ist im Trend, innerhalb großer Konzerne Arbeitnehmerüberlassung durch konzerneigene Firmen durchführen zu lassen, die im Grunde nur für das eigene Unternehmen tätig werden. Eine Entscheidung des LAG Berlin Brandenburg aus dem Jahr 2013 lässt Arbeitgeber nun nachdenklich werden.

Schutzfunktion des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes
Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz erfüllt zwei wichtige Funktionen: Es regelt die Ausleihe von Beschäftigten an Unternehmen, die vorübergehend über Personalbedarf verfügen, und schützt die betroffenen Beschäftigten, um Missbrauch durch Lohndumping zu vermeiden. Dieser Schutz ist durch eine recht intelligente Gesetzeseigenschaft begründet: Das Gesetz gilt bei fehlerhafter Arbeitnehmerüberlassung schlicht nicht. Durch die Unwirksamkeit ist also zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Unternehmen, in welchem der Einsatz stattfindet, ein – in der Regel unbefristetes – Beschäftigungsverhältnis entstanden. Denn es gibt ja keinen Arbeitsvertrag. Und ohne Arbeitsvertrag ist keine befristete Beschäftigung gem. TzBfG vereinbart worden, denn diese hätte schriftlich erfolgen müssen. Sie sehen, wie ein Rädchen in das andere greift, um Leiharbeitnehmer vor einer falschen Anwendung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes zu schützen.

Abwägungen der Arbeitgeberseite für den Einsatz von Leiharbeit
Dennoch bietet der Einsatz von Leiharbeitnehmern im Unternehmen durchaus eine Menge Vorteile für die Arbeitgeberseite. So werden einige wesentliche Verpflichtungen (Risiken des Beschäftigungsverhältnisses, Verwaltung des Beschäftigungsverhältnisses) an den Verleiher abgetreten. Es verbleiben nur Einweisungsvorschriften, auch im Sinne einer Fürsorgepflicht (Unfallverhütungsvorschriften, Einweisung in Gerätschaften bzw. Fahrzeuge und dergleichen). Auch sind die Lohnkosten in der Regel geringer, und das trotz des zusätzlichen Verwaltungsaufwands für den Verleiher. Das führt dazu, dass einige größere Unternehmen ihre eigenen Leiharbeitsunternehmen gründen. Man spricht von einem Konzernverleih, wenn der Konzern im Sinne des Aktiengesetzes gebildet worden ist. So das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz. In einem solchen Fall ist keine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung notwendig, und zwar dann, wenn innerhalb des Konzerns Personal gewechselt wird, das aber nicht eingestellt worden ist, um verliehen zu werden. Eine Ausnahme also.
Also eine Erlaubnis zur Betreibung gewerblicher Arbeitnehmerüberlassung für meine Tochterfirma einholen, denkt sich der Arbeitgeber. Doch reicht das aus?

Trends zum Schutz von Leiharbeitnehmern
Hierzu soll einmal die Entwicklung der letzten Jahre betrachtet werden. Große Handelsketten, hier seien etwa Drogeriemarktketten genannt – hatten eigene Beschäftigte entlassen und neue Arbeitsverhältnisse – oft auch mit dem selben Personal – in geringer bezahlten Konzernverleihunternehmen beschäftigt. Zwar wurde stark gespart, doch man hatte die Rechnung ohne den Gesetzgeber gemacht. Die Folge waren Mindestlohntarife für Leiharbeitsunternehmen, Equal-Payment und Equal-Treatment. Leiharbeitnehmer müssen also „gleich“ behandelt werden, sie haben also auch Zugriff auf interne Stellenausschreibungen. Im Bereich des Landes- und Bundespersonalvertretungsgesetzes wurden ihnen daher beispielsweise im Jahr 2011 Wahlstimmen zur Personalratswahl verliehen. Besteht kein Tarifvertrag für das Verleihunternehmen, ist der Tarifvertrag des Entleihers maßgebend. Dazu kommt die sogenannte „Drehtürklausel“: Arbeitnehmer dürfen innerhalb eines festgelegten Zeitraums nach Beendigung der Beschäftigung nicht im selben Unternehmen mit geringerem Entgelt durch Arbeitnehmerüberlassung beschäftigt werden. Falls doch, Sie wissen, gilt das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz nicht mehr, und es besteht ein Festvertrag. Doch es kommt noch mehr auf die Arbeitgeberseite zu. Per Definition ist ein Einsatz von Leiharbeitnehmern zu befristen. In der Praxis sind Leiharbeitnehmer oft jahrelang im Unternehmen beschäftigt, einen Grund gibt es eigentlich nicht. Und auch nur so ergibt die Gründung einer Konzerntochter mit dem Ziel, Arbeitnehmerüberlassung zu betreiben, ja auch Sinn. Doch mit Urteil vom 09.01.2013 hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg entschieden, dass ein Zeitraum definiert sein muss (-15 Sa 1635/12 - ). Betroffen war ein Krankenhaus, welches Personal mittels eigens gegründeter Tochterfirma einstellte und sonst keine Aktivitäten am Markt entfaltete. Die Einsätze waren nicht befristet. Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz sieht aber befristete Einsätze vor. Diese „Grauzone“ des Einsatzzeitraumes ist bisher nicht genau definiert worden. Unbefristete Einsätze, so das LAG, erfüllen diese Voraussetzung jedenfalls nicht. Erneut werden die Schutzrechte der Leiharbeitnehmer verstärkt. Werden also Leihabreitnehmer eingestellt, ohne, dass ein Grund besteht, etwa ein befristetes Projekt oder die Ersatzgestellung für eine Erkrankung, kann nach diesem Urteil eine Gültigkeit des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes verneint werden. Gar keine Befristung ist demnach nicht ausreichen, vor allem auch, wenn das Unternehmen sonst keine marktwirtschaftlichen Aktivitäten betreibt.

Ausblick auf künftige Entwicklungen
Es wird dem Urteil nach also Lohndumping angenommen, die Schutzrechte des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes greifen. Und die Folge kennen Sie auch: Es entsteht ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis. Zwar ist das Urteil zur Revision des Bundesarbeitsgerichts zugelassen, doch wenn wir die Trends der letzten Jahre betrachten, wäre es eine seltsame Entscheidung des BAG, diese neue Auffassung des LAG nicht zu teilen. Denn der Schutz von Leiharbeitnehmern steht auch bei der Gründung von Konzernfirmen im Vordergrund.

Dr. Wolfgang Eickhoff

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht

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